Neue Studie zu Arbeitsbedingungen veröffentlicht: “UGhent 2.0”

Brüssel | Gent, 1. Oktober 2025 – Der Arbeitsvertrag eines Piloten/einer Pilotin oder Flugbegleiters/Flugbegleiterin sollte kein Sicherheitsrisiko darstellen, doch allzu oft ist dies nach wie vor der Fall. Eine neue groß angelegte EU-Studie warnt davor, dass prekäre Arbeitsverhältnisse in der Luftfahrt sowohl das Wohlbefinden der Besatzung als auch die Sicherheitskultur der Fluggesellschaften untergraben. Zehn Jahre nachdem eine bahnbrechende Studie der Universität Gent aus dem Jahr 2015 den Anstieg „atypischer” Pilotenverträge aufgedeckt hatte, zeigt der Folgebericht, dass Unsicherheit, Müdigkeit und Stress mittlerweile in der gesamten Branche verbreitet sind.

Der neue Bericht „UGhent 2.0 – Evolving Social Challenges for Aircrew and the Need for Regulatory Response”, der von der Europäischen Kommission finanziert wurde, stützt sich auf Antworten von Tausenden von Pilot:innen und Flugbegleiter:innen aus mehr als 100 Fluggesellschaften im Jahr 2024.

Die Studie ergab, dass der Anteil atypisch beschäftigter Crewmember in Europa bei 10,3 % liegt (einschließlich 5,8 % Selbstständiger), wobei sich die meisten dieser Arbeitnehmer auf Fluggesellschaften konzentrieren, die Wet-Leasing-Dienstleistungen anbieten, sowie auf Billigfluggesellschaften. Atypisch beschäftigte Besatzungsmitglieder sind weiterhin mit einer höheren Arbeitsplatzunsicherheit, einem schwächeren gewerkschaftlichen Schutz und einer geringeren Bereitschaft konfrontiert, Müdigkeit und Sicherheitsrisiken zu melden.

Erschreckenderweise geben über 10 % offen zu, dass sie Sicherheitsvorfälle überhaupt nicht melden.

Entscheidend ist, dass die Studie davor warnt, dass Probleme, die früher auf atypische Arbeitsverträge beschränkt waren, nun den gesamten Sektor betreffen. Selbst direkt angestellte Mitarbeiter traditioneller Fluggesellschaften berichten von steigendem Stress im Zusammenhang mit Flugplänen, Müdigkeit und psychischer Gesundheit. Das Kabinenpersonal – das zum ersten Mal in die Umfrage einbezogen wurde – ist besonders gefährdet. Darüber hinaus berichten jüngere Mitarbeiter von den höchsten Stresslevels und den schwächsten Unterstützungsstrukturen. Insgesamt beschreibt eine Mehrheit der Befragten ihre Fluggesellschaft als entmenschlichend, da sie die Crews als Nummern und nicht als professionelle Fachkräfte behandelt.

Prof. Dr. Yves Jorens & Dr. Lien Valcke sind die Autoren der Studie, dessen Ergebnis bei einer Konferenz in Ghent, die am 26. September stattfand, präsentiert wurde. Prof. Jorens: “Labour conditions are no longer just a social issue – they have an impact on safety, well-being, and fatigue that are all interrelated! Without fair and stable employment, we cannot sustain a safe and resilient European aviation sector.”

Der Bericht weist auch auf weiterhin bestehende Lücken in der EU-Gesetzgebung hin. Mehr als jedes zehnte Crewmitglied – und in einigen Fällen sogar mehr als ein Drittel – gibt an, dass seine offizielle Heimatbasis (gemäß seinem Vertrag) nicht mit seiner tatsächlichen Einsatzsituation übereinstimmt. Dies gibt Anlass zu ernsthaften Bedenken hinsichtlich missbräuchlicher Strategien zur Umgehung von Steuer-, Sozialversicherungs- und anderen Sozial- und Arbeitsvorschriften.

Besatzungen mit Homebase in Osteuropa berichten von einer besonders schwachen Sicherheitskultur. Wet-Leasing-Betreiber sind, obwohl sie nur einen kleinen Teil der Aircrews in Europa ausmachen, für fast ein Drittel der schwerwiegendsten Vertragswidrigkeiten verantwortlich.

Um diesen Herausforderungen zu begegnen, fordern die Autoren dringend Maßnahmen auf EU-Ebene, um den Beschäftigungsschutz zu stärken, die Regelungen hinsichtlich Homebase durchzusetzen, das Wohlbefinden in das Sicherheitsmanagement zu integrieren und die kollektive Vertretung zu verbessern, damit alle Besatzungsmitglieder – insbesondere die am stärksten gefährdeten – ein Mitspracherecht bei der Gestaltung ihres Arbeitslebens haben. Da die Europäische Kommission derzeit die Überarbeitung der Regulation (EC) 1008/2008 – der sogenannten Air Service Regulation – prüft, würde dies eine Gelegenheit bieten, einige der regulatorischen Mängel zu beheben, z. B. durch die Aufnahme einer klaren Definition für Homebase (Heimatbasis) und Operational Base (Betriebsbasis).

Link zum Booklet der ECA mit dem zusammengefassten Ergebnis der Studie.

Die UGent 2.0 Studie wurde von der Ghent University in Kooperation mit der European Cockpit Association (ECA), der European Transport Workers’ Federation (ETF) und der European Network Airlines Association (ENAA) erarbeitet und von der EU Kommission finanziert.